Synergien von PR und Journalismus: Gemeinsam für starke Geschichten. Wie eine gute Zusammenarbeit beiden Seiten Vorteile bringt.

«Warum berichten die Medien immer nur negativ?!»  Da ist er wieder, der frustrierte Vorwurf, der in fast jedem Meeting mit Managern fällt, wenn Presseauftritte oder ganz allgemein Media Relations angesprochen werden. Es schwingt die diffuse Angst mit, als Unternehmen von Medienschaffenden missverstanden, angefeindet und «in die Pfanne gehauen» zu werden, obwohl man sich nichts hat zuschulden kommen lassen. 

Vielleicht hole ich Sie genau bei diesen Gedanken ab.

In diesem Beitrag möchte ich Ihnen einen Einblick geben, wie die Themenwahl in Redaktionen zustande kommt und Ihnen Chancen aufzeigen, wie Sie Ihr Unternehmen positiv konnotiert in den Medien platzieren können. Aktuelle Trends und Entwicklungen im Journalismus spielen Ihnen dabei in die Hände. 

Die Aufgabe der Medien

Um zu verstehen, warum Medienerzeugnisse subjektiv empfunden vorwiegend mit negativen Meldungen daherkommen, ist ein Exkurs in den Auftrag der Presse unumgänglich. 

Kurz und stark vereinfacht gesagt handelt es sich um einen umfassenden Auftrag, für das Gemeinwohl wichtige Informationen zu vermitteln. Medien sollen nach demokratischem Verständnis zur Wissensvermittlung, freien Meinungsbildung und kulturellen Vielfalt beitragen. Der weite Interpretationsspielraum ist im Sinne der Medienvielfalt bewusst gewollt, Medienhäuser und Formate legen den Auftrag im Rahmen der Möglichkeiten unterschiedlich aus. 

Woher stammt nun aber das Gefühl, Medienerzeugnisse enthielten einen Überhang an negativen Berichten? 

Newsformate sind omnipräsent. Ihr Auftrag ist es, umfassend über das internationale, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu berichten. Im Selbstverständnis von Medienschaffenden bedeutet dies, Ereignisse, Konflikte und ihre teilweise auch globalen Auswirkungen zu erklären und regelmässig Lageberichte zu erstellen. Der traditionelle Journalismus strebt danach, Missstände aufzudecken, einflussreichen Personen und Organisationen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf die Finger zu schauen, und so die Position der vierten Macht im Staat oder als «Watchdog» wahrzunehmen. 

Die logische Folge sind Medienerzeugnisse mit Fokus auf die Schattenseiten der Welt, die aber wichtige Aufgaben erfüllen und ohne jeden Zweifel ihre Daseinsberechtigung haben. 

In der journalistischen Praxis lauten die Schlüsselbegriffe in der Themenwahl «Nachrichtenwert» und «Relevanz». 

Wie sieht die Themenwahl also im redaktionellen Alltag aus? 

In der Themenplanung existieren zwei wesentliche Filter, welche die Flut von Informationen immer durchläuft. Diese beiden Filter dürfen als K.O.-Kriterien erachtet werden. Die Redaktion prüft, ob eine Nachricht oder ein Thema berichtenswert erscheint, und ob diese für ihr Publikum oder die Leserschaft bzw. im Sinne des Auftrages relevant ist. Jede Redaktion hat ihre eigenen Kriterien für «Nachrichtenwert» und «Relevanz», die auch von der Art des Mediums abhängt. Eine Tageszeitung gewichtet anders als ein Fachmagazin oder ein Scientainment- Format eines Fernsehsenders. Trotzdem gibt es generelle Richtwerte. 

Wie definiert sich der «Nachrichtenwert»?

Während die akademische Publizistik in Studien knappe zwanzig Kriterien belegt hat, die für Medienschaffende «Nachrichtenwert» ausmachen, sind die Diskussionen in den Redaktionssitzungen wesentlich pragmatischer, was als meldenswert erachtet wird. 

«Nachrichtenwert» besitzt, was: 

  • Tagesaktuell ist und eine genügend hohe Tragweite hat, dass es gemeldet werden muss. 
  • Im Kontext einer hitzig geführten gesellschaftlichen oder politischen Debatte noch nicht genannte Aspekte beleuchtet. 
  • Unmoralische oder kriminelle Machenschaften einflussreicher Personen oder Organisationen ans Tageslicht fördert. 
  • Missstände aufdeckt. 
  • Neue oder überraschende Wendungen einer fortlaufenden Geschichte erzählt. 

Was bedeutet für die Presse «Relevanz»?

Die «Relevanz» leitet sich daraus ab, ob eine Meldung oder Geschichte dem Zielpublikum einen Mehrwert im Sinne des publizistischen Auftrags bietet. 

Eine exemplarische Ausformulierung des Umgangs mit dem schwierigen Begriff «Relevanz» findet sich in einem redaktionellen Handbuch aus dem Hause TX Group (Tamedia), verfasst von Pietro Supino und Res Strehle. Die TX Group unterscheidet demnach zwischen einer gesamtgesellschaftlich wesentlichen Relevanz (genannt «Objektive Relevanz») und einer für das Lebensumfeld der eigenen Leserschaft bedeutende Relevanz (genannt «Subjektive Relevanz»). Wie Marketingverantwortliche in Unternehmen kennen auch Medienschaffende ihr Publikum oder ihre Leserschaft genau und arbeiten teilweise sogar mit Personas aus ihrer Zielgruppe. «Relevanz» ist sehr individuell und bei jedem Medium dem definierten Zielpublikum angepasst. 

Im Idealfall findet sich bei einem angedachten Bericht eine Übereinstimmung von «objektiver Relevanz» und «subjektiver Relevanz», was in der Praxis jedoch selten vorkommt. Um den Ansprüchen und Wünschen der Leserschaft bzw. des Publikums zu entsprechen, wird aus meiner praktischen Erfahrung oftmals zugunsten der «subjektiven Relevanz» entschieden, da sich jene Geschichten in die unmittelbare Lebenswelt des Zielpublikums einfügen und daher nicht abstrakt oder weit hergeholt wirken. 

Ein Beispiel dafür lässt sich anhand eines fiktiven Traditions-Pharmaunternehmens konstruieren. Das Unternehmen vermeldet die Zulassung eines neuen Medikamentes gegen eine Krankheit, von der weltweit 3000 Personen betroffen sind. Gleichzeitig verzeichnet das Unternehmen jedoch einen erheblichen Gewinnrückgang, schüttet tiefere Dividenden aus, und der Börsenkurs leidet unter der wirtschaftlichen Lage.
In diesem fiktiven Szenario wird die Redaktion einer Tageszeitung, eines Fernseh- oder Radiosenders mit grosser Wahrscheinlichkeit den Fokus auf den schlechten Geschäftsgang legen, da die Ausfälle bei Kleinaktionären oder der drohende Verlust von Arbeitsplätzen im Verbreitungsgebiet des Mediums die grössere Tragweite haben, der Lebenswelt des Zielpublikums näher sind, als die Heilung extrem seltener Krankheiten, von denen mutmasslich niemand innerhalb des Zielpublikums betroffen ist. 

Dieser Umgang mit der «Relevanz» lässt sich auf ein weites Feld von Medien anwenden. 

«Nachrichtenwert» und «Relevanz» sind zusammengefasst also Filter, die Inputs innert kürzester Zeit bewerten, an denen die meisten PR Corporate News scheitern. Wo Redaktionen keinen Nachrichtenwert oder keine Relevanz für ihr Zielpublikum sehen, oder was zu sehr nach Werbung klingt, wird aussortiert. 

Medien im Wandel – Weg von der Problemzentrierung, hin zu Perspektiven

Im aktuell vorherrschenden Medienwandel stehen allerdings die bewährten Auswahlkriterien und insbesondere die mediale Aufbereitung auf dem Prüfstand. Die Frage steht im Raum, ob mit vorwiegend negativen Meldungen gefüllte Medien ein realistisches und nuanciertes Bild der Welt zeichnen. Die Problemzentrierung in der Themenaufbereitung wird zunehmend hinterfragt. Wenn auch aus Kreisen konservativer Medienschaffender kritisiert, setzt sich kontinuierlich die Erkenntnis in den Verlagshäusern durch, dass gerade in Zeiten voller Krisen, Kriegen und Unsicherheiten dem Publikum mehr optimistische Perspektive präsentiert werden muss.
Auch wenn die Maxime weiterhin gilt, dass sich Medienschaffende «nicht mit einer Sache gemein machen, auch wenn es eine gute ist», eröffnen sich aufgrund des Medienwandels interessante Möglichkeiten für eine erfolgreiche PR-Medienarbeit, in der Unternehmen sich positiv in Medienerzeugnissen präsentieren können.

Corporate Purpose meets Constructive Journalism

Als Antwort auf die Herausforderung einer sich wandelnden Berichterstattung hat sich in den letzten Jahren der «Konstruktive Journalismus» etabliert, der darauf abzielt, über Lösungen und positive Entwicklungen zu berichten, zu inspirieren und zu motivieren. Die Idee ist, der Leserschaft und dem Publikum mit einer positiven Grundhaltung Wege aufzuzeigen, wie politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Herausforderungen gemeistert werden können, und wie man sich aktiv an deren Lösung beteiligen kann. 

Mit zunehmend werteorientiertem Konsumverhalten konfrontiert, steigt im Management-Umfeld von Unternehmen die Bedeutung des «Corporate Purpose». Dieser geht über blosse Wirtschaftlichkeit und Rentabilität hinaus, umfasst Werte, Ziele und betont den positiven Einfluss, den das Unternehmen auf die Gesellschaft und Umwelt ausübt. Er dient als Leitlinie für Entscheidungen und Handlungen und stellt gewissermassen die DNA eines Unternehmens dar. 

 «Corporate Purpose» teilt also einige grundlegende Prinzipien mit dem Konzept des «Konstruktiven Journalismus». Beide Ansätze streben danach, einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben.
Auf ihrer Suche nach inspirierenden zukunftsgerichteten Geschichten können Medien also durchaus im unternehmerischen Umfeld Themen finden, aufnehmen und mit positiver Färbung aufbereiten. Ein klarer, auf Werte und Idealen basierender «Corporate Purpose» ist aus meiner Sicht sehr gut vereinbar mit neuen journalistischen Ansätzen, ohne dass sich Medien dabei selbst verlieren und sich zu blinden Multiplikatoren von Werbebotschaften machen. Entscheidend ist jedoch, dass der «Corporate Purpose» ernst gemeint ist und nicht lediglich als Marketinginstrument eingesetzt wird. Nur wenn «Corporate Purpose» tatsächlich in die Unternehmensstrategie und -kultur integriert ist, kann er glaubwürdig kommuniziert werden und das Vertrauen von Medienschaffenden und schlussendlich der Öffentlichkeit gewinnen. 

Eine Kooperation mit Medienschaffenden, die den Ansatz des «Konstruktiven Journalismus» verfolgen, kann PR-Verantwortlichen eine ausgezeichnete Möglichkeit bieten, ihr Unternehmen in der Presse in einem positiven Licht zu zeigen und die Schranken von «Nachrichtenwert» und «Relevanz» zu überbrücken. 

Diese praktischen Tipps können Ihnen helfen, die Chancen auf eine positive Berichterstattung über Ihr Unternehmen in den Medien zu erhöhen. 

  • Eine Frage des Framings:
    Erzählen Sie Ihre Geschichte proaktiv, geben Sie dabei vor allem dem «Corporate Purpose» viel Raum und erklären Sie einfach und verständlich, wie Ihr Unternehmen «die Welt ein Stück besser macht». Gute Beispiele für solches Framing habe ich in der Rubrik «Die Idee» des Magazins «10vor10» des Schweizer Fernsehens gesehen, die jeden Freitag gesendet wird. Aus dem Bereich Print finden sich gute Beispiele in Wochenzeitungen oder dem P.M.-Magazin.
  • Kontaktieren Sie Medienschaffende nicht nach dem «Schrotflinten-Prinzip», sondern wählen Sie gezielt Medien, die «Konstruktiven Journalismus» betreiben und regelmässig entsprechende Geschichten publizieren.
  • Bauen Sie Beziehungen zu Medienschaffenden auf. Damit ist nicht ein Freundschaftsverhältnis oder blindes Vertrauen gemeint, sondern ein regelmässiger wohlwollender Austausch auf Augenhöhe. Aus meiner Zeit als aktiver Journalist mag ich mich erinnern, wie ein grosses Finanzinstitut gelegentlich zu einem «Medienfrühstück» mit Kurzreferaten eingeladen hatte. Inhalte waren Themen, die das Unternehmen in den kommenden Monaten beschäftigten, die gleichzeitig eine Tragweite bis in die Gesellschaft hatten. Es ging also nicht um tagesaktuelle Inhalte, viel eher aber um Inputs für mediale Berichterstattungen in den darauffolgenden Wochen. Das Unternehmen konnte sich so in der Presse als Experte positionieren und wurde von Medienschaffenden oft für Einschätzungen und Expertisen angefragt.
  • Gewisse Verlagshäuser werden Ihnen zu bezahlten und als Werbung gekennzeichneten Publireportagen raten. Gehen Sie nur darauf ein, wenn Paid Content von Anfang an als Bestandteil Ihrer PR-Kampagne eingeplant ist. 

Fazit

Durch eine Kombination aus inspirierendem Storytelling, aktiver Medienarbeit und Transparenz kann ein Unternehmen konstruktive Medienschaffende dazu bringen, über den «Corporate Purpose» und aktuelle Errungenschaften zu berichten. Die Schaffung einer wohlwollenden Beziehung zu Medienschaffenden und das Bereitstellen von wertvollen Inhalten für «Konstruktiven Journalismus» sind entscheidend, um das Interesse an einer positiven Berichterstattung über Ihr Unternehmen zu fördern.